Marc Traubel, 42, Chef des Hubertus Mountain Refugio Allgäu, ist vom Tourismus begeistert. Was ist sein Antrieb, was empfindet er an seiner Arbeit als sinnstiftend? Und wie gibt er die Freude, Gastgeber zu sein, an seine Angestellten weiter?
Und Marc Traubel ist geradezu elektrisiert, wenn es um den Tourismus und sein Hotel geht. Die Begeisterung, Gastgeber zu sein, scheint ihm und den Traubels vor ihm im Blut zu liegen. Mit 16 machte er eine Ausbildung in einem Allgäuer 5-Sterne-Hotel und half auf der Grasgehrenhütte in Obermaiselstein, die die Eltern damals bewirtschaften. „Ich fand es toll. Eigentlich ist es ja die Hölle mit 50 Bussen am Tag. Du wusstest am Abend manchmal nicht, ob du schon geatmet hattest. Aber ich habe begeistert mitgeholfen, weil ich die Arbeit mit Gästen schon damals erfüllend und auch sinnstiftend fand,“ erinnert sich Marc Traubel, ein stolzes Lächeln blitzt immer wieder im Gesicht auf. Als die Familie ihn fragt, ob er sich vorstellen könne, das Hubertus später zu übernehmen, antwortet er: „Ja was glaubt ihr, warum ich den Schmarrn gerade lerne?“
Man hört, wie oft er diese Anekdote schon erzählt hat, und er muss selbst lachen über den Schneid und die Schlagfertigkeit, die er mit 16 schon hatte. 26 Jahre später ist Traubel Chef. Was hat ihn damals überzeugt in die Tourismusbranche einzusteigen, und was begeistert ihn noch heute? Die Arbeit in einem Hotel mit 108 Angestellten ist schließlich kein Nine-to-five-Job, er hätte ja auch einen anderen Beruf wählen können? Traubel muss nicht eine Sekunde über eine Antwort nachdenken. „Ja, aber das Hubertus ist eben für mich nicht nur ein Hotel. Es ist mein Zuhause.“ Er lässt eine Pause einkehren. „Und es liegt an einem Ort, den ich nicht nur mag, den ich sogar wirklich liebe. Dieses Haus gehört mir.“ Er lacht wieder. „Und natürlich meinem Vater und der Bank. Und wenn Gäste kommen, möchte ich, dass sie sich hier so wohlfühlen wie ich mich selbst. Wissen Sie, wenn vor mir ein Gast steht und sagt: ‚Mensch Herr Traubel, haben Sie es schön hier‘, dann sage ich: ‚Ja, oder? Das finde ich auch.‘“
Erfolg in der dritten Generation. Die Begeisterung, Gastgeber zu sein, liegt den Traubels im Blut.
Begeisterungsfähigkeit, unüberhörbar, ist ein wichtiger Teil des Gastgeberseins. Und die Möglichkeit, hier, in seinem Zuhause, Dinge auszuprobieren und Realität werden zu lassen, das ist noch ein Grund, warum er seine Arbeit mit so viel Leidenschaft macht.
Das zeigte sich vor allem, als im Januar 2019 eine Lawine einen Teil des Hotels zerstörte. Marc Traubel hatte an diesem Tag die Übernahmeverträge für das Hotel unterschreiben wollen. Glücklicherweise kam durch die Lawine kein Mensch zu Schaden. Was also tun mit der Fläche? Wo andere verzweifelt wären, sieht Marc Traubel eine Chance und entscheidet, dass der Lawinenabgang die Möglichkeit bietet, ein größeres, luxuriöses Spa zu bauen. Der Anbau wird zum Erfolg, die Gäste lieben die geschmackvolle Spa-Welt, in der sich Körper und Seele erholen. Neue Ideen haben, sie auf den Weg bringen, den Erfolg sehen und wissen, dass man selbst Dinge gestalten kann. „Ja, das macht einen großen Teil der Freude und Befriedigung beim Gastgebersein aus, zumindest geht es mir so“, sagt Marc Traubel.
Das Hotel ist sein Kosmos. Den See vor dem Haus in der kalten Jahreszeit zum Eisbaden zu nutzen, ist eine weitere Idee, die Traubel und sein Team umsetzen. Mit Erfolg. „Solche Dinge als Hotelier einfach auszuprobieren und zu sehen, wie sie klappen, das ist einer der Gründe, warum ich all das hier mache“, so der Gastgeber, der selbst jeden Winter fast täglich ins eiskalte Wasser steigt.
Die Arbeit im Hotel ist bei allen technischen Details vor allem eine Arbeit mit Menschen, betont Traubel: „Ja, dieser Satz, dass man Menschen mögen muss, der ist natürlich ein bisschen abgedroschen, aber das ändert nichts daran, dass er stimmt. In der Lobby kurz mit einem Gast plaudern, abends draußen am Grill stehen und mit den Urlauberinnen und Urlaubern reden, das muss man mögen. Und ich mag das nicht nur, ich liebe das wirklich.“ Als sehr bereichernd und wertvoll empfinde er außerdem die Betreuung seiner14 Auszubildenden. Diese Aufgabe ist so erfüllend, weil sie ihm die Chance gibt, seine Begeisterung für den Tourismus an die nächste Generation weiterzugeben.
Um das zu erreichen, achtet Traubel vor allem auf die Rahmenbedingungen, denn die Auszubildenden sollen und müssen sich wohlfühlen im Hubertus. Traubel zahlt übertariflich, sorgt für möglichst angenehme, planbare Arbeitszeiten. Einige Extras habe er sich noch einfallen lassen, wie z. B. unbegrenzt Eis essen im Dorf. Und all das zeigt Wirkung: Das Hubertus ist Gründungsmitglied der Azubi Top Hotels Allgäu. Darüber hinaus ist Traubel auch manchmal Freund und Berater bei Kummer, schlichtet Streit, tröstet bei Heimweh. „Die Auszubildenden kommen aus allen Ecken der Welt. Ich fühle mich verantwortlich dafür, ihnen eine familiäre Umgebung zu bieten.“
„Ich liebe es, mit Menschen zu arbeiten. Es is’ einfach erfüllend“
Als bei einem Feuer im Oktober 2024 die Unterkunft der Mitarbeitenden zerstört wird, kümmern sich die Traubels sofort um neue Kleidung, neue Pässe, eine neue Bleibe. Sich zu kümmern, das ist Ehrensache und Herzensangelegenheit. Es soll allen gut gehen. Nur so gelingt es, die Liebe zur Branche, die Identifikation mit der Arbeit in die Köpfe und Herzen aller Mitarbeitenden zu bringen.
Dass alle mitziehen, das funktioniert auch deshalb, weil er das Hubertus ohne sichtbare Hierarchien aufgebaut hat. Dass der Chef auch das Essen serviert, gehört dazu, und es macht ihm nach all den Jahren weiterhin Spaß, der Kontakt zu den Gästen, in deren Reaktion er sieht, wie wohl sich alle fühlen. Das färbt auf alle ab, wenn man merkt, dass auch der Chef mit Herzblut dabei ist. In diesem Hotel, dass für Traubel ein Zuhause ist.
So findet man die Kolleginnen und Kollegen von morgen
Egal, in welchem Segment des Tourismus man Mitarbeitende sucht, es kommt auf ähnliche Prinzipien an, sagt Susanne Droux, Geschäftsführerin Berufsbildung & Fachkräftesicherung beim bayerischen Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Bayern. Im Kern, so Droux, geht es um das Vertrauen der Angestellten zum Arbeitgeber.
Die vier wichtigsten Prinzipien sind daher:
Nr. 1: Faire Arbeitszeiten. Mitarbeitende brauchen eine planbare Freizeit, daher ist es wichtig, vorausschauend den Urlaub und die Dienstzeiten der Kolleginnen und Kollegen zu planen.
Nr. 2: Faires Gehalt. Neben einer angemessenen Bezahlung bieten fortschrittliche Betriebe zusätzliche Anreize wie steuerfreie Sachleistungen, einen Dienstlaptop, ein Handy oder ein E-Bike an. Diese Extras erhöhen die Mobilität, ermöglichen je nach Tätigkeit die Chance, auch remote zu arbeiten, und können den Ausschlag bei der Arbeitgeberwahl geben.
Nr. 3: Emotionale Heimat. „In unserer Branche geht es um mehr als nur Geld“, so Droux. „Wir streben danach, eine echte Gemeinschaft des Zusammenhalts zu schaffen. Regelmäßige Feedbackgespräche, Teamevents und eine offene, familiäre Kultur stärken das Miteinander und fördern eine starke emotionale Bindung im Team.“
Nr. 4: Leitungspersönlichkeit. Führungskräfte fungieren als Vorbilder und müssen eine klare Vision vermitteln. Feedbackkultur und die Bereitschaft, Verantwortung zu übertragen, sind zentral. Auch die Fähigkeit, zu eigenen Fehlern zu stehen, ist Teil dieser Führungskultur. Unternehmen, die auch Auszubildende suchen, empfiehlt Droux zudem, Patenschaften bei einer Schule in der Nähe des Betriebs einzugehen und bei Elternabenden präsent zu sein. Und Schnupper-Praktika anzubieten, um Menschen von der Ausbildung zu begeistern. Dieses Vorgehen hat sich, so Droux, für alle Bereiche des Tourismus bewährt.
© Angelika Jakob (1), Moritz Attenberger (1), Angelika Jakob (3)