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{{postCount}} Café mit Hühnerblick
Das Landwirtspaar Anna und Michael Landes mit einer ihrer 5.000 Legehennen

Café mit Hühnerblick

Auf dem Schießerhof bei Donauwörth können Gäste Eierlikör kaufen, Kuchen essen und viel über Landwirtschaft lernen. Und die Besitzer Anna und Michael Landes? Freuen sich über ein stabiles zweites Standbein

Annette Rübesamen Autorin

Gleich hinter der Altstadt von Donauwörth mit ihren historischen Häuserzeilen, am Nordufer der Donau, beginnt das freie Land. Sanft gewellte Felder und Wiesen, dazwischen stille Waldstücke. Ein schmales Sträßchen führt an einem Bach entlang und dann steil eine Anhöhe hinauf. Oben liegt ein einzelner Bauernhof.

Aus der Werkstatt ist ein cool designter Hofladen geworden

Um den gepflasterten Hof gruppieren sich der große Hühnerstall mit 5.000 Legehennen und die Scheune, dazu ein modernes Einfamilienhaus und ein romantisch hingeducktes Wirtschaftsgebäude aus vergangenen Zeiten, an dessen Fassade sich ein uralter Rosenstock emporrankt. Drei Silos, eine Mistgrube, landwirtschaftliches Gerät, sauber aufgereiht. Drum herum: offenes Land, 130 Hektar ordentlich gepflügte Weizen-, Dinkel-, Mais und Zuckerrübenfelder. Alles auf dem Schießerhof im Landkreis Donau-Ries lässt an klassische Landwirtschaft denken, an bäuerlichen Alltag, an den Rhythmus der Jahreszeiten. Eher weniger würde man ein junges Landwirtspaar erwarten, das in stylishem Beton Altholz-Ambiente frische Joghurt-Sauerampfer-Torte aufschneidet und an einer blank polierten Espressomaschine hantiert, die zischt und duftet, als wären wir in einer römischen Kaffee-Bar. Doch genau das ist der Fall.

Aus der ehemaligen Werkstatt hat das Landwirtspaar Anna und Michael Landes einen modern designten Hofladen mit angeschlossenem Café gemacht, der bei Tourist*innen und Einheimischen sehr beliebt ist und der beiden Gastgeber*innen somit ein sicheres Zubrot ermöglicht.  Immer mehr Autos mit fremden Kennzeichen kurven jetzt zum Hof hoch; Busse mit Ausflügler*innen parken auf dem Vorplatz. Und Das ist vermutlich nur der Anfang.

Wandersleute, Golfspieler*innen, Busgruppen, aber auch viele Einheimische kommen zu Kaffee, Kuchen und Einkauf auf den Schießerhof

Im Lokal haben die Landes eine gemütliche, aber zeitgemäße Wohlfühlatmosphäre geschaffen. Die Tische an diesem Morgen sind alle besetzt: Freundesgruppen, Familien, Paare, viele aus Donauwörth und Umgebung. Aber auch Wandernde, die auf dem 16 Kilometer langen Edelweißweg unterwegs sind, der ganz in der Nähe vorbeiführt. Gäste aus München. Ein Paar aus einer Ferienwohnung im nahen Genderkingen. Alle frühstücken. Manche löffeln eine „Powerbowl“ mit Knusperdinkel, andere schnabulieren Heumilchkäse und Rührei. Und viele gucken: Durch die bodentiefen Panoramafenster geht der Blick direkt zum Stallauslauf, wo weiße Hühner der Rasse Lohmann Sandy im Gras picken.

„2020 haben wir unser Hofcafé eröffnet“, erzählt die junge Anna Landes, während sie hinter dem Tresen Eier verpackt. Als die 32-Jährige im Jahr 2015 zusammen mit Michael, ihrem Mann, den Hof von Michaels Eltern übernahm, beschlossen die beiden, neben der Landwirtschaft ein zweites, solides Standbein zu errichten. „Meine Schwiegereltern haben immer schon Eier und Hühner verkauft“, erinnert sich Anna.

Fünf Arbeitsplätze sind auf dem Schießerhof durch das Laden-Café entstanden. Und auch wenn sich der Bauernhof immer mehr zur touristischen Attraktion entwickelt („Chefin, Telefon! Eine Busgruppe!“, schallt es häufig über den Hof), profitieren auch die Menschen der näheren Umgebung vom Angebot. Sogar eine Verhaltenstherapeutin saß einmal am Cafétisch vor der Panoramascheibe, mit einer Patientin, die von ihrer Hühnerphobie geheilt werden wollte.

Was für das junge Paar wirtschaftliche Sicherheit durch Zuerwerb und Planbarkeit bedeutet, bringt aber auch umgekehrt Benefit: Die Bewohner*innen des Landkreises Donau-Ries haben auf dem Schießerhof auch die Möglichkeit, sich mit regionalen Produkten zu versorgen. Denn Familie Landes verkauft nicht nur die eigenen Eier – knapp die Hälfte der 4.000 täglich gelegten Hühnereier gehen über den Verkaufstisch des Hofladens. Zum Sortiment gehören auch Hühnerfleisch sowie, je nach Saison, Enten und Gänse, Hühnersuppe im Glas und hausgemachter Eierlikör in drei Geschmacksrichtungen. Außerdem werden Produkte anderer Höfe und kleiner Betriebe aus der Region verkauft, wie Nudeln, Milchprodukte und frisches Gemüse. Und als allerneuste Idee hat sich Anna „Kochboxen“ ausgedacht, also regionale Zutaten für ein ganz bestimmtes Rezept, die per Post verschickt werden.

Und noch etwas Positives bringt der Direktvertrieb mit sich: Kontakt zu den Menschen. „Das Reden mit den Gästen macht mir Spaß“, sagt Landwirt Michael Landes, der während der Öffnungszeiten des Cafés selbst hinter der Theke steht und die Kaffeemaschine bedient wie ein langjähriger Profi-Barista. „Solange muss der Mähdrescher eben warten. Aber die Gäste wollen viel über unseren Betrieb wissen, und ich erkläre dann. Etwa, dass wir Weizen und Mais, die wir anbauen, als Hühnerfutter verwenden. Und die Dinkelspelz als Einlagestreu. Die Menschen haben danach viel mehr Verständnis für unsere Arbeit und die Landwirtschaft.“ Gruppen, die einen Cafébesuch gebucht haben, bekommen auf Wunsch auch einen Vortrag gezeigt. Die Power-Point-Präsentation ist Anna Landes Meisterarbeit über das Hühnerei: Der Tourismus bewahrt sie vor dem Vergessenwerden.

Im Video schildert Anna Landes das Konzept ihres Hofladens:

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© Frank Bauer