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{{postCount}} Blick über den Zaun
Vier Beispiele aus vier Ländern

Nicht nur gut fürs Geschäft

Wo Tourismus richtig gedacht wird, beflügelt er nicht nur den Umsatz, sondern wirkt sich auch auf Naturschutz, Traditionen und Mobilität positiv aus.

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Nationalpark Koli, Finnland: In der Ruhe liegt das Erfolgsgeheimnis

Wanderer am Paha-Koli© AdobeStock_171190934

Die Menschen in Koli waren mehr als skeptisch, als ihre gleichnamigen Berge 1991 zum Nationalpark erklärt wurden. Denn die Koli-Berge waren ein beliebtes, profitables Skigebiet. Und die Umwandlung, die aus Naturerhaltungsgründen unumgänglich schien, ließ die Bevölkerung um ihre Einkünfte bangen. Tatsächlich aber war der neue, ökologische Ansatz im Nationalpark Koli sehr bald schon erfolgreich. Im Jahr 2000 erkundeten bereits  100.000 Besucherinnen den Park und die umliegende Natur;  2017 waren es schon mehr als 200.000, wie eine Studie der Universität Ostfinnland ermittelte. Die Studie zeigt, dass sanfter, nachhaltiger Tourismus ein Win-win-Hebel für alle Beteiligten sein kann: Parkbetreiberinnen und lokale Geschäfte profitieren von Tourist*innen, die immer häufiger Wert auf umweltfreundlichen Urlaub legen. Zudem wird die touristische Ressource Natur bestmöglich geschützt.

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Krämerbrücke, Erfurt: Kein billiger Plastiknepp – und trotzdem volles Haus

Die Krämerbrücke über die Gera in Erfurt gehört zu den beliebtesten Sehenswürdigkeiten in Thüringen. Im Sommer spazieren rund 5.000 Besucher*innen täglich über die 79 Meter lange, bebaute Gewölbebrücke. 32 Fachwerkhäuser schmiegen sich darauf eng aneinander. Das Besondere daran ist auch das Besondere darin: Galerien, kleine Boutiquen und Cafés haben sich in ihnen eingemietet. Kein Zufall, denn die Bürgerinitiative „Stiftung Krämerbrücke“ sorgt seit 1996 dafür, dass nur ausgesuchte Geschäfte einziehen dürfen. Kreativität und lokaler Bezug im Angebot sind Trumpf. Damit ist die Quadratur des Kreises geglückt: Durch betonte Authentizität zieht die Krämerbrücke gleichermaßen Gäste und Einheimische an, die hier Thüringer Blaudruckstoffe oder Lauschaer Glas einkaufen oder in der historischen Backstube von Hartmut Priemer Brot probieren, das nach alten Rezepten gebacken wurde. Die ursprüngliche Tradition des alten Bauwerks wird dadurch in jeder Hinsicht perfekt bewahrt.

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Vinschgerbahn, Südtirol: Wie Tourismus und Wirtschaft zügig vorankommen

Kaum vorstellbar, dass diese Bahn 15 Jahre nicht im Dienst war: Schon 1906 wurde die Bahnstrecke zwischen Meran und Mals in Südtirol eingeweiht. Doch 1990 war Schluss, angeblich aus Rentabilitätsgründen. Lautstarke Proteste aus der Bevölkerung – der zunehmende Autoverkehr in dem Gebiet, die Umweltbelastungen! – führten allerdings dazu, dass die Vinschgerbahn 2005 wieder in Betrieb genommen wurde. Ein Erfolgsmodell, flankiert von modernen Bahnhöfen entlang der Strecke und nach Ansicht vieler das perfekte Beispiel für modernen Personennahverkehr. Gleich in den ersten zehn Jahren verdoppelte sich die Anzahl der Fahrgäste; das Wirtschaftsleben, das Gastgewerbe und der Tourismus profitierten von der Verbindung. Recht schnell nach Wiederinbetriebnahme der Bahn verzeichnete das touristisch zuvor verhältnismäßig schwache Vinschgau eine spürbare Zunahme an Übernachtungen. Auch Radwege und Radverleihe an den Bahnhöfen entstanden – ein willkommener Bonus-Effekt der neuen, alten Bahn.

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Waldviertel, Niederösterreich: Wo alle auf den Mohn fliegen

Wenn sich im Juli die Felder rund um das niederösterreichische Dorf Armschlag in ein weiß-lila-rotes Blütenmeer verwandeln, reisen Tourist*innen aus nah und fern an, um das Mohnblüten-Spektakel zu genießen. Dabei war die traditionelle Graumohnproduktion in den 1980er-Jahren beinahe zum Erliegen gekommen. Bis ein heimischer Bauer eine Idee hatte: den Mohnanbau mit einem touristischen Konzept zu verbinden. Seither wird jeden September der „Mohn-Genussherbst“ gefeiert; der Bergwirt Schrammel firmiert als Mohnhotel, und Gäste können die aromatischen Körner in Form von Marmelade, Pesto, Likör und mehr degustieren und kaufen. In Restaurants und auf Bauernhöfen, für die der Mohnanbau damit wieder rentabel geworden ist. So soll es sein!

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