51 Prozent der Bayerinnen und Bayern beschreiben ihre Lebensqualität als hoch oder sogar sehr hoch – das ist mehr als im Rest der Republik. Zu den Hauptgründen für das blau-weiße Wohlgefühl zählen laut der Studie „Lebensqualität und Tourismus“: die Naherholungs- und Aufenthaltsmöglichkeiten in der Natur, zum Beispiel Wander- und Radwege – Letztere haben in Bayern eine Gesamtlänge von rund 9.000 Kilometern. Dass die Infrastruktur so gut ausgebaut werden konnte und weiterhin gepflegt wird – das ist eine direkte Folge des Tourismus, denn viele der Wanderrouten und Radstrecken wurden vor allem mit Blick auf die Gäste angelegt, die jedes Jahr nach Bayern kommen. Viele der Faktoren, die das alltägliche Leben der Menschen bereichern, stehen also mit dem touristischen Geschehen in Verbindung. Kein Wunder, dass 67 Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner in touristisch geprägten Regionen mit ihren Lebensbedingungen zufrieden sind, nur 49 Prozent in den nicht-touristischen.
Der Tourismus ist für den Freistaat Bayern ein wichtiger Wirtschaftsfaktor: Knapp 39 Millionen Gäste kamen 2023, sorgten für 100 Millionen Übernachtungen und konsumierten Waren und Dienstleistungen im Wert von 47,5 Milliarden Euro. Das sichert viele Arbeitsplätze. Mehr als eine halbe Million Menschen arbeiten direkt und indirekt im bayerischen Tourismus, rund 7,4 Prozent aller Erwerbstätigen. Die meisten dieser Menschen haben Jobs in ländlichen Regionen mit wenig Industrieansiedlung.
Dass Hotels, Gaststätten und Kultureinrichtungen vom Tourismus profitieren? Das liegt auf der Hand. Dass aber auch andere Branchen etwas von den Gästen in Bayern haben, ist erst auf den zweiten Blick zu erkennen. Der Einzelhandel zum Beispiel macht dank des Tourismus Umsätze von mehreren Milliarden Euro, allein 2019 waren es 10,9 Milliarden. Mitverantwortlich sind die über 500 Millionen Tagesgäste, die jedes Jahr in den Freistaat kommen und unter anderem lokale Produkte konsumieren. Die Gäste sorgen auch in weiteren Branchen für Beschäftigung. Zum Beispiel in Handwerksbetrieben, die die Pensionen, Hotels und Ferienhäuser für die Gäste bauen und instand halten.
Urlaub zu machen, das ist den Deutschen enorm wichtig, auch unabhängig von eventuellen Krisen. Fast drei Viertel der Bevölkerung planten für 2024 eine längere Reise – und das liebste inländische Reiseziel dieser Gruppe war und ist weiterhin: Bayern. Weder Pandemie noch Energiekrise scheinen die Menschen dauerhaft vom Reisen abzuhalten. Das ist ein gutes Signal für die Tourismusbranche in Bayern, auch weil der Trend zum Urlaub in der Heimat weiterhin anhält.
Denkmäler – egal, ob in den Metropolen oder im eher abgelegenen Dorf, Museen, Theater, historische Gebäude: Viele dieser einmaligen Kulturgüter werden auch erhalten, weil es dank des Tourismus Gäste gibt, die diese Kultureinrichtungen besuchen und nutzen – und so (mit-)finanzieren. Kurz: Der Tourismus sorgt für kulturelle Vielfalt und ein breites Angebot, das von allen, Gästen und Einheimischen, genutzt werden kann. Das Kulturangebot im Freistaat ist tatsächlich gewaltig. Allein 1.350 Museen gibt es hier. Wollte man pro Tag eines besuchen, wäre man drei Jahre, acht Monate, zwei Wochen und einen Tag beschäftigt.
Tourismus hilft, bayerische Traditionen am Leben zu erhalten. Manche Bräuche oder Handwerkskünste wären in ländlichen Gegenden vermutlich längst vergessen, wenn sie nicht so großen Anklang bei Besucherinnen und Besuchern finden würden, die auf der Suche nach authentischen Erlebnissen sind. Zugegeben, dieser Effekt ist schwer zu messen – aber gleichzeitig unübersehbar: in den Glashütten, auf Christkindlmärkten, in den Almbetrieben. An all den Orten, an denen ein wichtiger Teil unseres Brauchtums lebendig bleibt, auch dank der Gäste, die zu uns kommen. Manchmal funktioniert das auch umgekehrt: Der Tourismus lässt in Städten, Dörfern und Gemeinden neue Veranstaltungen entstehen, die inzwischen auch die Menschen aus der Region nicht mehr missen möchten.
Tourismus sorgt für zwischenmenschliche Begegnungen, für Verständnis zwischen unterschiedlichen Kulturen. Und das vor allem auch in einer digitalen Welt, in der wir uns oft nur noch von Bildschirm zu Bildschirm treffen oder via Social Media voneinander lesen. Tourismus hingegen kann uns wieder zueinanderbringen. Ein eigener Reisetrend bestätigt dieses Bedürfnis nach mehr „Wir-Gefühl“ und Begegnung: der sogenannte Resonanztourismus, bei dem der Gast bedeutungsvolle, eindrückliche Erlebnisse hat, sich mit Einheimischen austauschen kann, authentisch von Mensch zu Mensch. Und auch für die Gastgebenden zahlt sich der Resonanztourismus aus: Denn er fördert eine Kultur des Dialogs und der Gemeinschaft.
Die Antwort auf die Frage, wann Arbeit glücklich macht, ist individuell sicher sehr unterschiedlich. Trotzdem gibt es ein paar Punkte, die für die meisten Menschen, zumindest in Deutschland, gelten. Laut des Work-Happiness-Reports kommt es vor allem auf Sinnempfinden, Selbstverwirklichung und Gemeinschaftsgefühl an. Alle drei Punkte finden sich in vielen Berufen und Tätigkeiten im touristischen Umfeld, von der Arbeit im Betrieb, in dem ein traditionelles Handwerk gepflegt wird, über die Arbeit der selbstständigen Gastronomin bis zum Beruf in einem Hotel, in dem die Belegschaft als Team von Gastgebenden am gleichen Strang zieht.
Tourismus kann auch eine Herausforderung sein, ganz klar. Aber in dieser Herausforderung liegt – neben all den hier bereits genannten positiven Effekten – auch eine große Chance für Gemeinden, Städte, Regionen, den ganzen Freistaat. Warum? Weil das gemeinsame Suchen und Finden einer Strategie und eines Umgangs mit dem Tourismus alle an einen Tisch holt. Tourismus geht uns alle an. Deshalb sorgt die Frage, wie wir den Tourismus gestalten, immer für Gespräch und Debatte – an deren Anfang die Bedürfnisse der Einheimischen stehen und stehen müssen. Der Tourismus führt also zu einer Selbstvergewisserung und einem gemeinsamen Blick in den Spiegel: Wer sind wir? Wie wollen wir miteinander leben? Was ist uns wichtig? Was macht uns aus? Welche Zukunft wünschen wir uns für das Land und die Menschen? Für uns selbst und unsere Kinder? Wenn es gelingt, diese Fragen in einer offenen Gemeinschaft zu diskutieren, gemeinsam Wege und Lösungen zu finden, dann stärkt bereits dieser Prozess unser Miteinander und unser Gemeinwesen. Dann stärkt er ein großes: Wir.
Quellen: Lebensqualitätsstudie Bayern und Regionen 2023, TouristiCon (2023), Erhebungswelle Juni-August 2023 (Hybrid), Bayern. ADFC-Radreiseanalyse 2023. Studie des Bayerischen Zentrums für Tourismus e. V. Juni 2022. Tagesreisemonitor Zielgebiet Bayern 2022. Statistisches Landes-/Bundesamt 2024. Work-Happiness Report 2024. Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) 2024. Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus nach Angaben des Bayerischen Landesamtes für Statistik, Wichtige Daten zum Tourismus in Bayern 2023
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