Inhalt
{{postCount}} E-Mobilität? Eh klar!
Die Deutsche Alpenstraße ist ein touristisches Erfolgsprodukt – und seit 2022 auch in der umweltfreundlichen E-Version erlebbar. Dahinter stehen ein ausgefeiltes Konzept, über 600 Ladepunkte und viele Ideen für die Zukunft.

E-Mobilität? Eh klar!

Die Deutsche Alpenstraße geht mit der Zeit. Als E-Alpenstraße mit rund 600 Ladepunkten für Elektroautos, buchbaren Pauschalreiseangeboten und einer ausgefeilten Kommunikationsstrategie hat sich die älteste Ferienstraße Deutschlands bestens auf die Verkehrswende vorbereitet und präsentiert sich auf dem Markt als nachhaltiges, umweltfreundliches Urlaubserlebnis. Damit hat sich die Deutsche Alpenstraße, die auf eine Idee des Priener Kurarztes Dr. August Knorz in den 1920er-Jahren zurückgeht, nicht nur ordentlich aufgefrischt und jeden Verdacht aus dem Weg geräumt, nicht mehr zeitgemäß zu sein. Ihre Initiierenden sehen in ihr vor allem auch einen wichtigen Beitrag zu einem zukunftsfähigen, nachhaltigen Alpentourismus. Die Entwicklung der Deutschen Alpenstraße zum Good-Practice-Beispiel für E-Mobilität in Urlaubsregionen wurde vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie unterstützt und 2022 abgeschlossen.

Innovation

Die Deutsche Alpenstraße, mit deren Bau in den 1930er-Jahren begonnen und die in den 1960er-Jahren fertiggestellt wurde, verbindet Lindau und Berchtesgaden auf einer 484 Kilometer langen, landschaftlich reizvollen Strecke. Sie verknüpft die in Nord-Süd-Richtung ausgerichteten bayerischen Alpentäler ohne Umwege ins Flachland und ermöglicht Reisenden damit, auf relativ direktem Weg eine große Zahl touristischer Highlights in den Alpen und im Voralpenland zu erleben. Die Idee einer „E-Mobilisierung“ der Alpenstraße entstand um das Jahr 2018. „Ziel war es, durch eine emissionsfreie Gestaltung der Alpenstraße eine innovative Form einer Ferienstraße zu entwickeln, die den bayerischen Alpenraum aufwertet, neue solvente Zielgruppen erschließt und Mehrtagesaufenthalte vor allem in der Nebensaison fördert“, erklärt Franz Reil, Geschäftsführer des Vereins Bayerische Fernwege e. V., der für die Deutsche Alpenstraße verantwortlich zeichnet. Der Verein entwickelte ein Projekt, das auf drei Säulen fußt: der Verdichtung der Ladeinfrastruktur, der Gestaltung eines heute über den Veranstalter DER buchbaren Pauschalangebots und der Außenkommunikation (PR- und Marketingaktivitäten).

Ladeinfrastruktur

Anfangs ging es hauptsächlich darum, bei den Partnern – vor allem Hotels – das Bewusstsein für die Notwendigkeit von Ladeinfrastruktur zu schaffen und das nötige Wissen zu vermitteln. Dazu wurden zusammen mit der Kompetenzstelle Elektromobilität von Bayern Innovativ „E-Sprechstunden“ abgehalten, in denen Fachleute zu Themen wie Fördermöglichkeiten, Rechtliches und Umsetzung sprachen. Die Nachfrage nach diesen Kursen war hoch. Parallel lief das bayerische Förderprogramm von Ladepunkten für touristische Betriebe an (siehe S. 33). „Anfangs gab es entlang der Alpenstraße etwa 300 Ladepunkte an touristisch relevanten Spots wie Hotels, Museen oder Bergbahnen. Orten also, an denen sich Gäste in der Regel einige Stunden aufhalten, sodass genug Zeit ist, um die Autos aufzuladen“, berichtet der Touristiker. „Heute sind es doppelt so viele Ladepunkte, und fast täglich kommt ein neuer dazu. 34 unserer 35 Partner-Hotels sind bereits mit Ladesäulen ausgestattet.“ Dazu kommt eine ganze Reihe an nicht-touristischen Ladepunkten wie z. B. auf öffentlichen Parkplätzen, an Tankstellen oder Baumärkten. Die Ladestationen der Hotelpartner sind auf der Website der Deutschen Alpenstraße gelistet. Tagesgäste werden hingegen auf den Ladeatlas des Freistaats Bayern verwiesen, der sämtliche öffentliche Ladestationen im Bereich der Alpenstraße verzeichnet.

DATEN ZU LADESTATIONEN WERDEN INTERNATIONAL

Für die Verbreitung von E-Mobilität ist nicht nur eine gute Ladeinfrastruktur wichtig. Zu den Ladestationen braucht es auch zuverlässige Daten. Dies gilt erst recht in Grenzregionen, weil Mobilität vor Landesgrenzen nicht haltmacht. Aus diesem Grund hat die BayTM gemeinsam mit Tirol und Südtirol ein Projekt für ein länderübergreifendes Datenökosystem gestartet. Die drei benachbarten Regionen wollen ihre jeweiligen Open Data Hubs vernetzen und in einem ersten Schritt ihre Daten über öffentliche E-Ladestationen sammeln und teilen. „Damit das gemeinsame Datenökosystem funktioniert, identifizieren wir gerade den aktuellen Stand der Daten in den drei Regionen. Die teils recht unterschiedlichen Datenstrukturen harmonisieren wir dann“, erklärt Markus Garnitz, Bereichsleiter Digitalisierung der BayTM. Und wie geht es dann weiter? „Durch das Projekt werden Datenräume geografisch erweitert. Unternehmen und Forschende können so auf Daten aus ganz Europa zurückgreifen, um ihre Anwendungen und Produkte weiterzuentwickeln. Das wiederum fördert langfristig die Elektromobilität“, freut sich Garnitz. Für die BayTM ist das Projekt ein weiterer Schritt in Richtung einer effizienten, nachhaltigen Tourismuszukunft. Denn für die ist digitales Datenmanagement auf der Basis von Open Data ein Grundpfeiler.

Mehrwert für Hotels

Die Zahl der Ladepunkte nimmt auch deshalb kontinuierlich zu, weil mittlerweile nicht nur Hotels, sondern selbst Ferienwohnungsanbieter oder Zimmervermieterinnen den Markt der E-Mobilisten für sich entdecken. Es hat sich herumgesprochen, dass die Zielgruppe der E-Autofahrenden kontinuierlich weiter wächst.

Zwischen elf bis 13 Prozent aller Neuzulassungen sind heute E-Autos.

sagt Franz Reil, Geschäftsführer Verein Bayerische Fernwege e.V.

Und es sei eine Tatsache, dass diese Gäste ihre Unterkunft nach dem Kriterium auswählten, ob sie dort direkt ihr Auto aufladen könnten. „Niemand hat Lust, seinen Wagen abends zum Laden noch auf den Marktplatz zu fahren“, weiß Reil. „Ladepunkte werden in Unterkünften bald zur Standardausstattung gehören; wer keine anbieten kann, steht dann im Abseits.“ Um die Sichtbarkeit der E-Alpenstraße zu erhöhen und Gästen und Interessierten die Orientierung zu erleichtern, ist die E-Alpenstraße auch auf einem speziellen Hotelportal präsent, das über 3.000 „e-mobile“ Hotels in Alpen und Alpenvorland listet. Reil nennt noch ein weiteres Argument für Ladesäulen in Hotels: „Das zahlt aufs Nachhaltigkeitskonto der Unterkunft ein“, sagt er. „Und Nachhaltigkeit ist speziell für die jungen Zielgruppen wichtig, für die wir solche innovativen Urlaubsangebote schaffen wollen.“ Attraktiv für Gastgebende sei außerdem, dass der ländliche Raum geradezu dazu einlade, eigenen Strom zu gewinnen: „Jeder Eigentümer kann sich hier eine Solaranlage aufs Dach montieren.“ Hierin sei auch der Mehrwert für die Bevölkerung insgesamt zu sehen: „Die gewachsene Ladeinfrastruktur wird von den Einheimischen als Anregung für die eigene E-Mobilität wahrgenommen.“

E-Auto-Verleih

Ein wichtiges Ziel innerhalb des Projekts der E-Alpenstraße bestand zunächst auch darin, E-Carsharing-Angebote zu schaffen – für Gäste, aber auch für Einheimische. Doch dieser Punkt ließ sich nicht wie geplant umsetzen. „Wir haben festgestellt, dass Carsharing-Anbieter bei uns nur regional begrenzt operieren, im Tegernseer Tal etwa oder mit dem e-Alois in der Ammer-Loisach-Region“, so Reil. „Das bringt aber Urlaubsgästen nichts, die das Auto drei, vier Tage hintereinander brauchen und es in Lindau abholen und in Berchtesgaden wieder abgeben wollen.“ Für überregionale Sharing-Anbieter hingegen habe sich herausgestellt, dass der ländliche Markt noch nicht wirtschaftlich genug sei. „Wir fokussieren uns deshalb auf unsere Hauptzielgruppen“, führt Reil aus, „nämlich die Gäste aus dem DACH-Raum, die mit eigenem E-Auto unterwegs sind. Und auf Urlauber aus den USA, unserem zweitwichtigsten Quellmarkt. Da spielen wir das E-Alpenstraßen-Thema immer wieder und verweisen auf die E-Auto-Vermieter an den Flughäfen München oder Salzburg.“

Die Zukunft

Das Projekt der E-Mobilisierung der Deutschen Alpenstraße war auf zwei Jahre angelegt und ging 2022 planmäßig zu Ende. Fazit? „Die Deutsche Alpenstraße wird viel besser wahrgenommen, hat neue Popularität gewonnen“, freut sich Reil. Weshalb man das Thema E-Alpenstraße auch weiterhin spiele, mit Content auf Social Media, aber auch durch Veranstaltungen für die Leistungsträger. „In diesem Jahr planen wir eine Expertenrunde zum Thema Energiemanagement. Da lernen Gastgeber, wann die beste Ladezeit für E-Autos ist. Nämlich nachts und nicht am Nachmittag, wenn in der Küche alles auf Hochtouren läuft und im Spa sämtliche Saunen eingeschaltet sind.“ Es gibt weitere Zukunftspläne: In Lindau und Berchtesgaden könnten Mobility Hubs (siehe S. 17 und 53) entstehen, an denen Sharing-Anbieter präsent sind. „Je mehr unsere Zielgruppe im Alltag auf den eigenen Pkw verzichtet“, prophezeit Reil, „desto stärker wird die Nachfrage nach einem derartigen runden, nachhaltigen Reiseprodukt.“

WAS BAYERN FÖRDERT

Nicht nur die Bundesregierung fördert mit insgesamt 500 Millionen Euro die (öffentlich zugängliche) Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge, auch der Freistaat stellt Mittel bereit: Bayern hat sein eigenes Landesförderprogramm, das in der Vergangenheit auch die Einrichtung nicht öffentlich zugänglicher Ladepunkte unterstützte. Bis zum Dezember 2024 läuft außerdem das Förderprogramm „Öffentlich zugängliche Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge in Bayern 2.0“. Die Fördermittel werden in zeitlich begrenzten Förderaufrufen ausgereicht. Gefördert wird nicht nur die Errichtung von Ladesäulen, sondern auch Netzanschluss und Montage. Voraussetzung für eine Förderung ist u. a., dass der Ladesäulenbetrieb mit Energie aus erneuerbaren Quellen erfolgt, dass die Mindestbetriebsdauer auf sechs Jahre ausgelegt ist und die Ladesäulen öffentlich zugänglich sind.

Mehr Infos auf: stmwi.bayern.de/foerderungen/ladeinfrastruktur/

Lesen Sie mehr zum Projekt „E-Mobilisierung der Deutschen Alpenstraße“: Deutsche Alpenstraße – Panoramatour vom Bodensee zum Königssee (deutsche-alpenstrasse.de)

© Illustration: adobe.com