Treffer! Denn dass zu viele Leute unterwegs sind, mag einem manchmal durchaus so vorkommen. Zumindest an bestimmten Orten und zu bestimmten Terminen. Das können die Münchner Hausberge an einem strahlenden Oktobertag sein, die Königsschlösser im Hochsommer, die Badeseen an einem Juliwochenende. Mit allen dazugehörigen Folgeerscheinungen: Staus, Parksuchverkehr, Abgaswolken, Müllberge. Und gereizte Stimmung. Aber: Den sogenannten Hotspots, an denen sich mehr Tagesbesucher*innen drängen, als gut ist, stehen mindestens genauso viele Cold Spots entgegen, die ebenfalls viel zu bieten hätten, sich aber als Ausflugs- oder Urlaubsdestinationen noch nicht etabliert haben. Die Lösung des Problems besteht sehr wahrscheinlich also nicht darin, die Zahl der Tourist*innen grundsätzlich zu reduzieren, sondern sie besser zu verteilen. Durch intelligente Besucherlenkung, die Alternativen aufzeigt, aber auch durch dynamische Eintrittspreispolitik (je beliebter der Termin, umso teurer wird das Ticket).
Verstehen wir. In manchen touristischen Destinationen (Hotspots, historischen Altstädten) gibt es das Problem, dass alteingesessene Läden und Betriebe durch Geschäfte ersetzt wurden oder werden, die vor allem die touristische Kaufkraft im Blick haben – Souvenirläden, teure Boutiquen, Krimskrams-Shops, Winebars. Andererseits: Das Verschwinden kleiner Läden in Ortszentren ist nicht allein dem Tourismus anzulasten, sondern auch der Entstehung von Supermärkten und Einkaufszentren am Ortsrand geschuldet. Und man kann die Sache durchaus auch positiver sehen: Denn die touristische Nachfrage erhöht allgemein das Angebot in Sachen Gastronomie und Einkaufen. Statt einer einzigen, kleinen und altmodischen Dorfwirtschaft auch eine italienische Eisdiele, ein Gourmetrestaurant, eine Espressobar und einen veganen Biergarten zu haben, sorgt für Abwechslung und Lebensqualität auch bei den Locals.
Nein, nein, nein! Für solche Entwicklungen – dass es sie gibt, ist unbestritten – sind sehr wahrscheinlich ganz andere Faktoren verantwortlich. So interessiert sich die Jugend oft nicht so sehr für „Altes“, und regionale Unterschiede drohen allgemein unterzugehen im Zuge einer Globalisierung von Interessen, Moden, Lifestyles. Und daher gilt ganz im Gegenteil: In diesem Kontext kann der Tourismus – sprich, das touristische Interesse – sogar positiv wirken. Tourismus kann Traditionen bewahren; er kann dazu führen, dass Traditionen am Leben bleiben, dass Identität gestärkt wird. Altes Handwerk, dessen Produkte von den Gästen gekauft werden, alte kulinarische Spezialitäten, die nachgefragt werden, alte Bräuche, die ein neugieriges Publikum finden. Das Interesse von außen an dem, was an der eigenen Heimat so besonders ist, trägt entscheidend mit dazu bei, dieses Besondere am Leben zu erhalten.
Stimmt schon: Alle wollen hinaus in die Natur. Vor allem die Städter*innen am Wochenende. Dann stellen sie ihre Autos mitten in den Acker, hatschen quer über die Weiden, brechen durchs Unterholz, schrecken das Wild auf und verstreuen Abfall. Und das nicht nur beim Wandern, sondern auch beim (E-)Mountainbiken. Wahr ist aber auch, dass sich Tourist*innen oft eher an die Regeln halten als die Einheimischen, die nach dem Motto „Ich bin hier daheim“ gerne neue Trampelpfade oder Biketrails aufmachen. Gäste übernehmen das dann, weil sie denken, es gehöre sich so. Hier gilt es also auch, mit gutem Beispiel voranzugehen. Außerdem: Wenn es heute in vielen bayerischen Regionen perfekt ausgebaute, vielfältige Wander- und Radwegenetze gibt, dazu bewirtschaftete Hütten mit einem ordentlichen Angebot, dann liegt das vor allem an der touristischen Nachfrage. Von der dann aber die Einheimischen genauso profitieren. Diesen Punkt darf man nicht aus den Augen verlieren.
Klar! Wer kein Hotel betreibt und keine Wandertouren anbietet, wer keine Souvenirs und Sportartikel verkauft, wer nicht auf der Skihütte bedient oder im Hofladen, so jemand bekommt schnell das Gefühl, dass der Tourismus, wenn überhaupt, nur Nachteile in Form von Rummel, Verkehr und Lärm beschert. Schaut mal genauer hin! Der Tourismus ist nicht allein ein Wirtschaftsfaktor, dessen Wirkung sich in monetären Kennzahlen messen lässt. Und er nützt nicht nur den Einheimischen, die ihren Arbeitsplatz unmittelbar in der touristischen Welt haben. Tourismus bringt dem ganzen Ort, der ganzen Wohnbevölkerung etwas, denn er sorgt für Infrastruktur, die es sonst nicht oder sehr viel weniger gäbe – Sporteinrichtungen, Schwimmbäder, Kulturevents und vieles mehr. Abgesehen davon fließen die Steuergelder der Tourismusbetriebe zum Teil auch in die Kommunalkassen und tragen damit zum Florieren der Gemeinde bei. Und davon haben alle etwas.